Erhebliche Schäden an den Gebäuden, außen und innen.

 

 

 

Das Vlothoer Wochenblatt berichtete…

gekürzte Wiedergabe

 

Als Montag der Heizer Felix Fichtner im Kurbadbüro ausrief: “Bad Seebruch versinkt im Moor!" glaubte Betriebsleiter Henkel, seinen Mitarbeiter nicht recht zu verstehen. Ein Blick ans dem Fenster genügte jedoch, den Schreckensruf bestätigt zusehen: Der 26 Meter tief gründende Schwefelbrunnen mit seinem sechs Meter hohen Aufbau versank gerade in einem riesigen Moorkrater. Die 30 cm dicken Eisenrohre knickten nicht um, sie sackten senkrecht nach unten, und mit ihnen verschwand auch die Pumpanlage. Nach wenigen Augenblicken war nur noch schwarzbraunes Moorwasser im tiefen Kraterboden zu sehen. Die Moortransportanlage, Gleise und Dämme versackten, und angestautes Wasser schoss in den Moortrichter und versickerte augenblicklich.

Einige Minuten lang hatten der Heizer und sein Arbeitskollege auf dem Dach über der Heizanlage Rieseln und Prasseln gehört, „als ob jemand darüber hinweg laufen würde". Schließlich sprang im Gemäuer ein Riss auf - und deswegen lief Felix Fichtner zum Büro, um seine Beobachtung dem Betriebsleiter mitzuteilen.

Doch es ging unaufhaltsam weiter: In der Wannenhalle, im Kesselhaus und im Heizungsvorraum zogen lange Risse durch das Gemäuer, ebenso am Schornsteingrund und im Zementboden der zum Trichter gelegenen Betriebsräume.

 

Gewaltige Kräfte wirkten

Von den neun bis elf Meter tief, auf Schiefer gegründeten Betonpfosten des Gebäudemitteltrakts rückte der Boden ab und bildete tiefe Spalten. Asphaltdecken und Steinplatten wurden aufgerissen, Mauerputz platzte von den Wänden. Allmählich wurde auch der alte Schwefelbrunnen zum Trichter hingezogen und riss vom Fundament. Das schwefelige Wasser entronn. (Nur eine halbe Stunde zuvor wurde mit einem Bagger auf diesem unsicheren Boden gearbeitet!)

Gerade zu dieser Zeit unternahm der Besitzer des Moorbades, Hans Nebel, mit seinem Berufskollegen A. W. Dieckmann, dem Kurdirektor des Bades Salzuflen, einen ausgedehnten Spaziergang. Als die Herren gegen 19.15 Uhr zum Kurbad Seebruch zurückkamen, standen sie vor der erschreckenden Situation. Innerhalb von eineinhalb Stunden hatte sich das weite Terrain hinter dem Mittelgebäude völlig verändert.

 

Mitteltrakt wurde geräumt

Gegen 19 Uhr besichtigte Kreisbauamtmann Flagmeier die Schadensstelle und wandte sich telefonisch an den Leitenden Regierungsbaudirektor Gelderblom, der sich sofort mit einem Fahrzeug der Polizei nach Bad Seebruch fahren ließ und unverzüglich die Räumung des Kurhausmitteltraktes veranlasste. Ein Teil der Gäste wurde in Räumen des Hauptgebäudes untergebracht, einige verließen noch am Abend Bad Seebruch.

Die Hoffnung, dass der Erdeinbruch zum Stillstand kommen könnte, erfüllte sich nicht. Gegen 20 Uhr bröckelten weitere Kraterkanten ab, und gegen 20.45 Uhr brach das noch verbliebene „Vorland" unter dem vorgezogenen Steg am   Mittelgebäude bis zur Gebäudepfahlgründung weg. Auch der alte Schwefelbrunnen versank jetzt in dem dunklen, unheimlichen Moorloch, das sich auf ungeklärte Weise rauschend mit Wasser füllte. Gegen 21.45 Uhr rückte die Vlothoer Feuerwehr zur Absicherung des Geländes an. Zur Sicherung der Sprechverbindung wurde ein Krankentransportwagen mit Funkanlage bereitgestellt. Scheinwerfer vom Rüstwagen der Kreisfeuerwehrzentrale Eilshausen beleuchteten das gespenstische Bild der sich ständig erweiternden Einbruchstelle. Der vom Gebäude nach hinten führende Weg brach bis zur Hälfte ein, und während der Nacht rutschten an den Kanten des Einbruchtrichters große Bäume ab und versanken im Moor. Auch am nächsten Morgen (Dienstag, 16. Juni 1970) bröckelte noch ständig Erdreich. Im Wasser des Trichters war ein unergründliches Brodeln zu beobachten.

 

Ursache Unklar

Die eigentliche Ursache des fatalen Endeinbruches ist noch ungeklärt. Während einige Personen dazu neigen, unterschichtige Gipsausschwemmungen zu vermuten, äußerte Kurbadbesitzer Nebel anfangs die Meinung, das „durchgebadetes schweres Moor flauschige Schichten weggedrückt" hätte.

Der Ltd. Baudirektor hat heute morgen einen Geologen hinzugezogen. Nach Meinung einer Besichtigungskommission haben sich die Risse am Gebäudegemäuer während der Nacht nicht vergrößert. Beurteilungen und Beratungen werden im Laufe der Zeit über mögliche Maßnahmen entscheiden.

 

Was soll werden?

Noch sind die Ursachen der katastrophenähnlichen Auswirkungen im Kurbad Seebruch ungeklärt. Geologen haben aus einem Schlauchboot den Moortrichter ausgelotet. In der Mitte ist er zwölf Meter tief. Wasserproben werden analysiert, um aus ihrer Zusammensetzung die Einströmschichten zu ermitteln.

 

 

 

     Dienstag 16. Juni 1970

 

 

 

 

Die ersten Kurgäste nach der Katastrophe wurden bereits im August 1970 aufgenommen, allerdings wurden die Bäder, in Bad Senkelteich und Rothenuffeln (Kreis Lübbecke) vorgenommen.

Im Februar 1971 wurde das Bauunternehmen Hermann Vollmer beauftragt, den Erdkrater zuzuschütten. Etwa 40.000 cbm Abraum wurden in wenigen Wochen in den entstandenen Krater gekippt.

Auch die Aufsichtsbehörde hatte inzwischen das Hauptgebäude „als nicht mehr gefährdet" angesehen. Damit standen die 60 beschlagnahmten Zimmer als Unterkünfte wieder zur Verfügung.

 

 

 

Nach dem Erdeinbruch: Kurgäste bei der Zwangsabreise, am 16. Juni 1970.

 

 

Der tiefe Krater des Erdeinbruch hatte sich am 16. Juni 1970,

 rasch mit Wasser gefüllt.

 

 

Der Krater des Erdeinbruchs wird zugeschüttet. Foto: Februar 1971.